Nachlese EXPO REAL 2023

Fällt Ihnen beim Stichwort „Gummi-getriebener Verkehr“ auch direkt der öffentliche Nahverkehr ein? Karl-Heinz Friedrichs, Stadtbaurat in Herne, nutzte den Begriff in einer Podiumsdiskussion über zukünftige Mobilitätskonzepte in der Metropolregion Ruhr, um die verschiedenen Systeme Straße (Gummi), Schiene und Luft zu unterscheiden. Luft? Sie haben richtig gelesen:

Herne will die erste Stadt in der Region mit einer innerstädtischen Seilbahnverbindung werden, wie man sie vor allem aus den Bergen kennt: Business-Dress und Laptop statt Skianzug und Snowboard. Das Genehmigungsverfahren läuft. Auch die Stadt Duisburg konzipiert ein Seilbahnprojekt und hofft, Herne noch abfangen zu können. Welche der beiden Städte auch immer das Rennen machen wird: Der „Luft-getriebene Verkehr“ wird wesentlicher Teil des Mobilitätskonzepts für das Ruhrgebiet. Da eröffnen sich ganz neue Perspektiven.

Und sonst?

Waren Sie auch auf der Messe in München oder gehören Sie zu denen, die sich die befürchtete schlechte Stimmung nicht antun wollten? Auch mit 2 Wochen Abstand war es aus meiner Sicht gut, auf der Messe gewesen zu sein. Natürlich herrschte keine Euphorie, und die vielen Messe-Lounges in den Hallen zeigten, dass manch Aussteller es vorgezogen hat, der Messe fernzubleiben.

Aber anders als 2009 habe ich keine Schwarzmalerei wahrgenommen. Stattdessen eine gewisse Demut, vor allem aber eine große Ernsthaftigkeit mit Blick auf die Situation, ihre Entwicklung – und wie man ihr begegnet. Man konnte spüren, wer krisenerfahren ist: Auch wenn die Situation mit der Finanzkrise nicht vergleichbar ist, hilft die Erfahrung, wie man diese Phase überwunden hat. Es ist eine gewisse Resilienz entstanden und die Zuversicht, auch die aktuelle Krise zu meistern – wenn auch sicher nicht ohne Blessuren und blaue Flecken.

Bei denen, die nur die letzten, „goldenen“ Jahre der Null-Prozent-Zinsen-Finanzierung kennen, war die Unruhe spürbar größer. Hängengeblieben ist mir der Satz eines sehr erfahrenen Mannes aus der Branche:

„Das alte Geld wird gewinnen.“

Mein Eindruck mit etwas Abstand: Anders als zur Finanzkrise ist genug Geld da, und der Bedarf an Projekten, Stichwort Wohnungsbau. Aber nicht nur da. Unzählige Bestandsimmobilien warten darauf, für die Zukunft ertüchtigt zu werden. Es sind die neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Und – das zog sich als roter Faden durch alle Gespräche – die ständigen Volten der Politik, die zu großer Verunsicherung und Zurückhaltung führen.

Die nächsten 2 bis 3 Jahre werden entscheiden: Während die Entwickler aktuell schwere Zeiten durchmachen, sich aber schon neue Unternehmen gründen, schauen die Architekten besorgt auf 2024 und überlegen, wie sie ihre Teams zumindest im Kern zusammenhalten können, um beim zu erwartenden Aufschwung ausreichend Kapazitäten zu haben. Und die Hersteller, die jetzt noch volle Auftragsbücher haben, wissen noch nicht, in welche Projekte sie ab 2025 ihre Produkte einbauen sollen. Die müssten sich nämlich jetzt in der Planung befinden…

Mein Fazit: Es stehen uns noch 2 angespannte Jahre bevor. Zugleich macht mich die Stimmung auf der Messe zuversichtlich, dass viele sie nutzen werden, um sich neu aufzustellen, um dann ihre Rolle im Markt zu spielen.

Was meinen Sie? Was ist Ihr Eindruck? Schreiben Sie mir, ich freue mich auf einen angeregten Austausch.

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